Schi Alpin

Peter Struger – ein Großer tritt ab

Peter Struger startete 2009 seine Leistungssportlerkarriere im Polizeikader und mit der vergangenen Saison gab er seinen Rücktritt bekannt. Doch das wäre nichts Außergewöhnliches, wenn dahinter nicht eine außergewöhnliche Sportlerkarriere stehen würde.

Bekannte Gesichter bei Junioren-WM: Svindal, Struger und Fill. (c) Struger

Als echter Kärntner besuchte er die VS in Thörl Maglern und anschließend die Gymnasien in Villach und später die ÖSV-Talenteschmiede in Stams. Noch vor seiner Matura kam er 1999 in den alpinen ÖSV C-Kader. Von 2001 bis 2007 war Peter Mitglied des B- und danach bis 2009 des A-Kaders.

Struger beim Riesentorlauf in Alta Badia. (c) Struger

Seine wichtigsten Erfolge während dieser Zeit:

  • 2007 Gesamt-Europacupsieger
  • 2007 Gesamt EC SG 3. Platz, GS 4. Platz
  • 2008 Gesamt DH EC 3. Platz
  • 2 Siege, 5 x Rang 2 und 5 x Rang 3 bei EC-Rennen
  • Start bei unvorstellbaren 202 Europacup-Rennen
  • Teilnahme an 22 Weltcuprennen (davon zwei Mal in den Punkterängen)

Struger mit Vorarlbergs HLPD Ludescher. (c) Struger/LPD Vbg.

2009 beendete Peter seine internationale Karriere in der Nationalmannschaft und konzentrierte sich fortan auf seine berufliche Laufbahn. Er befand sich seit 2005 als Spitzensportler im BZS Tirol und schloss 2009 seine Grundausbildung ab. Von dort waren seine PI-Stationen Schwaz/Tirol und Hohenems/Vbg. 2015 folgte der E2a-Kurs und nach dessen Abschluss folgten Tätigkeiten als dienstführender Beamter in der PI Hohenems und als 1. Stellvertreter in der PI Sulz. 2021 wurde er mit der Führung im PAZ Bludenz betraut. Es folgte am 1. November 2021 die Ernennung zum dortigen Dienststellenleiter sowie zum Fachbereichsleiter des FB 03 der FGA Vorarlberg. Zusätzlich ist Peter Struger seit 2012 Mitglied der EE-Vorarlberg.

Peter mit seinem Vater und Armin Assinger in Gröden. (c) Struger

Parallel zu seinen dienstlichen Aufgaben war Peter Struger eine tragende Säule im alpinen Leistungssportkader. Die Aufzählung seiner Siege und Spitzenränge bei Polizei-Europameisterschaften, Exekutivmeisterschaften und Österreichischen Polizeimeisterschaften würde den Rahmen des Artikels sprengen. Innerhalb der Mannschaft zeigte er großen Sportsgeist, hohe Sozialkompetenz und für die Jüngeren war er immer ein Zugpferd und Vorbild. Für mich als Fachreferent alpin war es wichtig mit Peter einen starken Charakter im Team zu haben, der sich nie scheute, Dinge anzusprechen. 

Start beim Rennen in Beaver Creek. (c) Struger

Warum kann Peter Struger als eines der Aushängeschilder der BMI-Spitzensportförderung bezeichnet werden? Ein Blick in seine Biographie zeigt, wie sich die positiven Eigenschaften aus dem Sport optimal im späteren dienstlichen Umfeld auswirken. Und genau diese für den späteren Polizeidienst zu nutzen, ist Sinn solcher BMI-Projekte.

 

Struger blickt auf eine tolle Karriere zurück. (c) Struger

Während meiner Überlegungen, wie ein Artikel anlässlich des Rücktrittes von Peter Struger als Leistungssportler angelegt werden soll, stieß ich auf ein Interview mit ihm aus dem Jahr 2010. Er hatte kurz davor seine Spitzensportlaufbahn beendet und war neu in den österreichischen Polizeikader alpin gekommen. Wir saßen damals im Trainingshotel in Neustift/Stubaital und unterhielten uns über Karriere, Spitzensport und seine Vorstellungen, wie er sich seine bevorstehenden Polizeidienst vorstellt.

Struger im Gespräch mit Fachreferent Pilz. (c) Dietrich

Ich nutzte nun die einmalige Gelegenheit und stellte Peter kürzlich wieder die gleichen Fragen. Würden sich seine Einstellungen, seine Erwartungen, sein Resümee verändert haben? Ein interessanter Ausflug in die Vergangenheit und gleichzeitig eine ehrliche Analyse der BMI-Spitzensportförderung.

Interview von 2010:

Ich sehe einen erfolgreichen Schifahrer, der offensichtlich sehr viel in seinem Sport erreicht hat. Was war für dich die Triebfeder, in den Schirennsport einzusteigen? 

Meine Eltern waren und sind Schisport begeistert. Deshalb gab es für mich schon sehr früh die Gelegenheit, Schi zu fahren.

Wieso war es aber ausgerechnet der Schilauf und nicht andere Sportarten?

Ich habe als Kind sehr viele Sportarten ausgeübt, wie zum Beispiel Fußball und Radfahren. Irgendwann musste ich mich aber entscheiden, und es war für mich keine Frage, dass meine Leidenschaft dem Schirennsport gehört.

Welche Eigenschaften muss man mitbringen, um im alpinen Spitzensport erfolgreich zu sein?

Das ist schwer zu beantworten. Schisport ist eine Einzelsportart. Im positiven Sinn ist sich jeder der Nächste und ein gewisses Maß an Egoismus ist bestimmt notwendig. Aber auch die Fähigkeit, sich durchzubeißen, Niederlagen zu verkraften und die mentale Ausdauer mitzubringen, auf sich allein gestellt seinen Weg zu gehen.

Sieg bei einem Junioren-FIS-Rennen in Abtenau. (c) Struger

Peter Struger, Europacup-Gesamtsieger 2006/07, viele Weltcup- und Europacupstarts. Das hört sich in eurer Sportler-Biographie sehr gut an. Wem hast du aus deiner Sicht diese Erfolge zu verdanken?

Für mich sind es auch die Eltern, denen ich am meisten verdanke. Trainer, Physiotherapeuten, Serviceleute waren im Lauf der vielen Jahre ebenso am Erfolg beteiligt. Letztendlich ist der sportliche Erfolg eine Summe aus der Unterstützung vieler Personen, Einzelne zu benennen, würde nicht den Kern der Sache treffen. Und eigentlich ist der Sportler selbst für den Sieg oder die Niederlage verantwortlich.

Welches Erlebnis in der Sportlerkarriere war das schönste?

Nach kurzer Überlegung muss ich sagen, dass es von meinen 202 (!) Starts sicher der erste RS-Europacupsieg in Finnland/Levy war. Dies deshalb, weil ich sehr spät, und zwar nach 160 EC-Rennen meinen ersten Erfolg feiern konnte. Auch der zweite Sieg bei der Abfahrt in Zauchensee war neben dem Europacup-Gesamtsieg 2006/07 ein sehr schönes Erlebnis. Diese Momente bleiben hängen. Es macht für mich aber schon einen Unterschied, ob es um Tagessiege oder um Gesamtsiege wie den Europacup geht. Bei Saisonwertungen muss man über einen langen Zeitraum konstant gute Leistungen erbringen, wobei es bei Einzelrennen auf die Tagesform ankommt.

Der Polizeikader von 2009/10. (c) Struger

Die Laufbahn von vielen alpinen RennsportlerInnen war von schweren Verletzungen geprägt. Ist der Schirennsport auch aus deiner Erfahrung zu gefährlich geworden?

Ich habe zum Glück die Erfahrung von schweren Verletzungen nicht machen müssen. Ich glaube, dass die Anzahl der erheblichen Verletzungen zunimmt. Es gibt kaum noch Läufer, die mit 30 Jahren nicht mindestens einen Kreuzbandriss hinter sich haben. Mir erscheint dieses Berufsrisiko doch zu hoch und es muss in dieser Richtung Gegenmaßnahmen geben. Weil oft ohne Stürze solch negative körperlichen Folgen entstehen, kann die FIS nicht zur Tagesordnung übergehen. Früher fuhr man z. B. in der Abfahrt mit 100 km/h in die Kurve hinein und mit 80 km/h heraus. Heute ist es so, dass der Läufer mit 100 km/h hinein- und mit 110 km/h herausfährt. Dort ist aus meiner Sicht der Hebel anzusetzen.

In Österreich haben Schisportler unglaubliche Erfolge gefeiert. Es scheint, dass nach der Karriere jeder Schifahrer finanziell ausgesorgt hat. Entspricht das den Tatsachen?

Maier, Eberharter und Raich werden ausgesorgt haben. Die Masse der Spitzensportler wird während der aktiven Karriere den Lebensunterhalt verdienen, für später reicht es aber sicher nicht.

Empfang der damaligen Spitzensportler bei Minister Platter. (c) Struger

Du bist als Spitzensportler in das BMI gekommen. Ist ein derartiges Fördermodell überhaupt notwendig?

Aus meiner Sicht halte ich es für sehr wichtig. Gerade wenn man eine Sportart ausübt, in der die nationale Klasse gleichzeitig Weltklasse bedeutet, ist es unheimlich schwer, sich zu behaupten. Es kann jeden Tag die ernüchternde Mitteilung kommen, dass im Nationalteam kein Platz mehr ist. Dann steht der Sportler vor dem Nichts. Aus diesem Grund verwundert es mich, dass nicht mehr Athleten diese Gelegenheit in Anspruch nehmen, denn mit knapp 30 Jahren nicht zu wissen, wo die berufliche Reise nach Ende der Karriere hingeht, wäre für mich schwer vorstellbar. Sicher ist es mühsam, während der aktiven Laufbahn parallel eine Ausbildung zu machen, aber es ist machbar. Die Unterstützung durch das BMI/ZSA und der BZS ist während dieser Zeit sehr gut.

Struger beim Interview 2010. (c) Guttmann

Du hast dich für den Polizeiberuf entschieden und versiehst Dienst auf einer Polizeiinspektionen in Vorarlberg. Wie groß ist die Umstellung, wenn eine internationale Karriere endet und Spitzensportler ins „normale“ Berufsleben einsteigen?

(schmunzelt) Die Umstellung ist groß. Der größte Unterschied ist der geregelte Tagesablauf. Meine Frau sagt spaßhalber, ich werde langsam das Arbeiten gewöhnt. Ein 12-Stunden-Tag war für mich als Sportler nicht notwendig. Es waren weniger Stunden aber dafür intensiver. Auch ist jetzt Teamfähigkeit gefragt und die hierarchische Gliederung ist im Beruf als Polizist wesentlich stärker ausgeprägt. Als Schifahrer, der im Welt- und Europacup unterwegs war, wird man durch den Umstieg ins Berufsleben schnell auf den Boden der Realität geholt. Die Wertigkeiten verschieben sich.

Begeisterter Schifahrer und Polizist: Peter Struger (c) Guttmann

Ich habe in den 23 Jahren als Betreuer von Schisportlern viele verschiedene Persönlichkeiten kennen gelernt. Aber eines war allen gemeinsam: Egal ob vor, während oder nach der sportlichen Laufbahn, sie hatten immer ein Ziel vor Augen. Welche Ziele strebst du noch an?

Meine beruflichen Ziele sind noch nicht definiert. Vorerst steht im Vordergrund, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. 

Zum Abschluss noch eine grundsätzliche Frage: Hat der Polizeiberuf im ersten Außendienstjahr das erfüllt, was du dir als Spitzensportler davon versprochen hast?

Für mich haben sich sehr viele Vorstellungen erfüllt, manche weniger. Aber es gibt im Polizeibereich sehr breite Betätigungsfelder, die viele Entwicklungsmöglichkeiten offen lassen. Und das schätze ich sehr.

Mit dieser letzten Antwort endete das Interview 2010.

Interview von 2022:

Du kamst 2010 als erfolgreicher Spitzensportler zu uns. Im Interview hatte ich eine Reihe von Fragen an dich. Sie betrafen den Skisport, die damit verbundenen Gefahren und deine Vorstellungen über die Polizei. Hat sich seit damals deine Einstellung zu manchen Dingen geändert?

Glücklich: Peter auf der Reiteralm 2022. (c) Dietrich

Ich stelle fest, dass sich meine Ansichten zu den besprochenen Themen bis heute kaum geändert haben. So bin ich heute noch den gleichen Personen für die Unterstützung vor und während meiner Karriere dankbar. Die damals als die schönsten Erfolge in der Sportkarriere benannten Ereignisse sind auch heute noch in meinen besten Erinnerungen vorhanden. Zwischenzeitlich kamen jedoch in privater Hinsicht weitaus schönere Ereignisse hinzu – hierbei denke ich speziell an die Geburt meiner beiden Kinder und die Hochzeit mit meiner Ehefrau Nadine. 

Struger beim Klassiker in Gröden… (c) Struger

Bezüglich der Gefährlichkeit des Skirennsportes hast du 2010 gefordert, dass sich die FIS Gedanken machen muss. Was ist heute deine Meinung?

Die Frage, ob der Schirennsport zu gefährlich geworden ist, wage ich nicht abschließend zu beantworten. Ich habe – wenn auch aus der Ferne – in den vergangenen Jahren durchaus beobachtet, dass diesem Thema von Seiten der Verantwortlichen – sei es die FIS oder die nationalen Verbände – sehr große Aufmerksamkeit gewidmet wird und das Bestreben, den Schirennsport sicherer zu machen, in allen Köpfen vorhanden ist. Zeitgleich muss man aber sagen, dass der Schirennsport immer ein gewisses Maß an Risiko bergen wird, da die Geschwindigkeiten und die Kräfte nach wie vor hoch sind und die Möglichkeiten, den LäuferInnen durch Sicherheitsausrüstungen noch besser schützen zu wollen sehr begrenzt sind. 

In Zukunft mit seinen Kindern auf der Übungswiese unterwegs. (c) Dietrich

Hat sich seit 2010 die Bedeutung der Spitzensport Förderung des BMI verändert?

Nach meiner aktiven Karriere als Spitzensportler im BMI konnte ich das Förderprogramm als Leistungssportler nun die letzten 13 Jahre kennenlernen. Hierbei stellte ich von Anfang an fest, wie wichtig für mich die Möglichkeit war, direkt nach der Profi-Karriere in den Berufsalltag einzusteigen und trotzdem noch meinen geliebten Schirennsport weiter ausüben zu können. Das nach wie vor durch das BMI geförderte Spitzensport-Fördermodell erachte ich heute als noch viel wichtiger als vor 10 Jahren. Die Möglichkeit für junge Sportler, den Lebensunterhalt nur durch ihren Sport zu bestreiten, ist weitaus begrenzter als 2010. Viele Sportler schätzen dieses Modell daher aus diesen Gründen und sind froh – wie ich damals – nach einem möglichen Karriereende beruflich auf stabilen Beinen stehen zu können. 

Ein Bild aus vergangenen Zeiten… (c) Struger

Wurden deine damaligen Vorstellungen vom Polizeidienst durch die praktischen Erfahrungen erfüllt? 

Ich kann sagen, dass ich damals relativ unvoreingenommen in den beruflichen Alltag eingestiegen bin und alles auf mich zukommen ließ. Dies ermöglichte mir in den letzten 13 Jahren offen auf jegliche neue Situation zuzugehen und das Beste daraus zu machen. In den vergangenen Jahren durfte ich viele Erfahrungen im Außendienst machen – an viele erinnere ich mich gerne zurück, an einige wenige verschwende ich nicht mehr allzu viele Gedanken. Fakt ist, dass der Polizeiberuf mit all seinen Betätigungsfeldern eine Unmenge an Möglichkeiten für motivierte Beamte bietet, sodass jeder ein Betätigungsfeld finden kann, das seinen Stärken und Fähigkeiten entspricht.

Gibt es von dir ein abschließendes Resümee?

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich es bis heute nicht bereut habe, meinen sportlichen, beruflichen und privaten Weg in dieser Form gegangen zu sein.   

Ich danke für das Gespräch. Im Namen der Polizeimannschaft alpin wünsche ich dir für die Zukunft alles Gute!

Text: Hans-Peter Pilz

Werbung