Großer Erfolg bei der WM in China
Guangdong und Guangzhou ? Noch nie gehört – dann ging es euch ähnlich wie mir. Als die Einladung zur 2 USIP Weltmeisterschaft im Schießen mit Dienstwaffen in Guangdong bzw Guangzhou über den Tisch flatterte, musste ich erst einmal im Wikipedia nachlesen.


Guangdong – ehemals Kanton – ist eine chinesische Küstenprovinz im Südosten des Landes, die an Hongkong und Macau grenzt; die Hauptstadt Guangzhou liegt im industriell geprägten Delta des Perlflusses. Guangzhou ist eine weitläufige Hafenstadt in China, nordwestlich von Hongkong am Perlfluss gelegen und hat 14, 5 Millionen Einwohner.
Genau in diese Stadt sind wir am 11. November 2018 zur Weltmeisterschaft im Schießen mit Dienstwaffen aufgebrochen; wir das sind Referatsleiter BMI/I/13/b Mag. Manfred RIEGLER BA MA als Leiter der österreichischen Delegation, Paul PIRCHNER als Coach, Administrator und Fachreferent des ÖPolSV und die 5 Schützen Reinhard HANDL, Simon HEILIGENBRUNNER, Andreas ORIOL, Gottfried POST und Manfred WINKLER.

Kurz vor dem Start nach Moskau – wir flogen mit AEROFLOT – von Wien-Schwechat über Moskau nach Guangzhou kam es mit einem AEROFLOT-Mitarbeiter noch zu heftigen Diskussionen, die damit endeten, dass 3 Schützen ihre gesamte Munition in Wien zurücklassen mussten; die Munition dieser 3 Kollegen schien im System von AEROFLOT nicht auf. So hoben wir doch etwas aufgeregt in Richtung Moskau auf; der Weiterflug nach China verzögerte sich etwas und gegen 11:00 Uhr – die Uhr wurde in der Zwischenzeit um 7 Stunden nach vorne gedreht – landeten wir in Guangzhou; noch am Gangway wurden wir von 2 chinesischen Betreuern, wobei einer perfekt Deutsch sprach, abgeholt. Dann die – wahrscheinlich für alle Chinareisenden – üblichen Prozedere wie Abnahme der Fingerprints aller 10 Finger, Gesichtsscreening usw. Am Flughafen gab es dann nochmals eine kurze Aufregung, da 2 Kollegen die Handschellen nicht mit dem Waffenkoffer, sondern mit dem normalen Gepäck, transportiert hatten; die Handschellen wurden vom Zoll beschlagnahmt und schließlich ging es mit dem Bus in Richtung Hotel. Nach einer Stunde Fahrt checkten wir in einem luxuriösen Hotel der Hilton-Gruppe mitten in der City hundsmüde gegen 14:00 Uhr ein und kamen so gerade noch rechtzeitig zum Mittagessen.
Danach stand noch eine erste Lageerkundung der Umgebung am Programm.
Am zweiten Tag – alle noch müde von der langen Anreise und dem Jetlag – stand dann ein Training im Police Training Center of Guangdong Province am Programm; nach über einer Stunde Fahrzeit mit modernen Reisebussen trafen wir an der Shooting Range ein; in nicht einmal 1 Jahr hatten die Chinesen ein Schieß- und Trainingszentrum aus dem Boden gestampft, das uns alle vor Neid erblassen ließ. Die Dienstwaffen und die Munition wurden den Schützen vor Ort ausgefolgt – die Waffen verblieben während des gesamten Aufenthaltes beim Veranstalter bzw. der Polizei – und jeder Schütze durfte dann innerhalb von 5 Minuten 20 Trainingsschüsse streng nach Kommando so wie in der Polizeigrundausbildung abgeben; dann wurden die Waffen und Munition wieder in die Hände der dortigen Polizei übergeben.

Am Abend folgte dann noch das Technical Meeting und es gab gegenüber dem ursprünglichen Reglement doch einige Änderungen.
Am nächsten Tag startete der Wettkampf. Wie immer wurden die Teilnehmer mit Bussen und Polizeieskorten zum Schießplatz gebracht; wie bei einem Staatsbesuch wurden neuralgische Kreuzungen gesperrt, um dem Konvoi die Vorfahrt zu ermöglichen.
Der Veranstalter hatte insgesamt 10 anspruchsvolle Stages aufgebaut, wobei die Einzelstarter 7 und die Mitglieder des Teams alle 10 Stages absolvierten.


Im Einzel gingen Reinhard HANDL der EKO Cobra Mitte, Simon HEILIGENBRUNNER der EKO Cobra Ost, Andreas ORIOL der LPD OÖ und Manfred WINKLER der EKO Cobra Mitte an den Start; Gottfried POST der LPD OÖ musste als Jolly Joker – Reservist – schweren Herzens zuschauen. Wir durften auch ein Team mit 2 Schützen stellen und entschieden uns für Andreas ORIOL und Manfred WINKLER als TEAM AUSTRIA.

Beim Aufbau und Stagedesign hatte der Veranstalter keine Kosten und Mühen gescheut; die einzelnen Stages waren gemäß dem jeweiligen Motto sehr farbenfroh, lebendig und abwechslungsreich aufgebaut und hatten klingende Namen wie etwa „To arrest the robbing mobsters“, „To handle the terror killing at school“, „Attack on the beach“, „Terrorism on a metro-station“, „Terrorism on the square“ oder „To search for suspects around the mountain!“ Wie man hört, durchaus sehr sensible, besondere Lagen, die jederzeit auftreten könnten, sich aber keiner wünscht.

Auch sonst hat es der Veranstalter den Teilnehmern nicht leicht gemacht; alles, was im IPSC-Sport das Schießen so besonders macht, wurde in den Parcours eingebaut. Es gab kaum eine Stage, wo nicht mindestens ein bewegliches Ziel verbaut wurde, sei es ein Pendel, ein sog. „Up and Down“ oder eine fahrende Scheibe. Mit Metallscheiben – Plates und Popper – wurde auch nicht gegeizt, noch dazu mit teilweise weiten Entfernungen, nämlich bis zu 20 Metern.


Wenngleich der Aufbau sich eng am Reglement der IPSC orientierte, so gab es doch ganz entscheidende Unterschiede zu einem üblichen IPSC-Match.

Als Targets wurden vorwiegend sog. „Mannscheiben“ verwendet, dh Täterscheiben oder Täter/Freundscheiben.


Die im IPSC übliche Wertung – Treffer durch Zeit – wurde ebenso nicht angewendet. Die Mannscheiben waren mit einer sog. „Kernzone“ und mit 1 oder 2 Randzonen ausgestattet. Jedes Target musste mindestens 2 Treffer aufweisen, wobei Treffer in der Kern- oder Null-Zone keine „Strafsekunden“ mit sich brachten, Treffer in den Randzonen aber sehr wohl; ein Treffer in der 1. Randzone wurde mit +3 Sekunden, ein Treffer in der 2. Randzone mit +5 Sekunden gewertet. Es zählten alle Treffer auf der Scheibe, entgegen dem IPSC-Reglement konnte ein zusätzlicher 3. Schuss einen Randzonentreffer nicht mehr ausmerzen.
Ein Fehlschuss, dh nur 1 Treffer auf dem Target, wurde mit +10 Sekunden, ein Freund/Geiseltreffer gar mit +20 Sekunden gewertet.
Als Endzeit für die Bewältigung eines Parcours zählte daher nicht nur wie schnell der Parcours absolviert wurde, sondern es wurden noch alle Strafsekunden dazugezählt.

Zusätzlich hat der Veranstalter auch noch vorgegeben, wie viele Magazine verwendet werden dürfen und wie viele Patronen in jedem Magazin geladen werden dürfen; noch dazu lag die zu magazinierende Patronenanzahl nur knapp über der Mindestschussanzahl, dh man hatte je nach Stage 2 – 5 Patronen mehr zur Verfügung als die absolute Mindestschussanzahl.

Dies alles hört sich einfach an, war aber gerade für IPSC-Schützen eine Riesenherausforderung; bei der IPSC geht es doch sehr um Schnelligkeit, es zählen immer nur die 2 besten Treffer und die Anzahl der abgegebenen Schüsse ist eigentlich unbegrenzt bzw. geht einfach auf Kosten der Zeit; einen Randtreffer kann man bei der IPSC durch einen sauberen Schuss in die A-Zone relativ gut ausgleichen, auch wenn die Zeit dafür einige Zehntelsekunden länger wird; letztlich werden die Punkte dann durch die Zeit dividiert.

Somit war von Anfang an klar, dass ein gezieltes, sauberes, sehr präzises Schießen das Um und Auf sein wird; die Treffer sollten unter allen Umständen in der Kernzone liegen und die Zeit eine etwas untergeordnetere Rolle spielen. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass die Profis auf Pendelscheiben durchwegs gezielte Einzelschüsse abgaben und lieber den nächsten Hub abwarteten als gleich einen Doppelschuss – Doublette – zu riskieren; die Gefahr von einigen Strafsekunden wäre viel zu groß gewesen. Auch auf weite Entfernungen wie etwa Plates auf 15 – 20 Meter war ein präzises und sauberes Zielen unbedingt erforderlich, da sich die Munitionskapazität ansonsten bald dem Ende neigen würde; so manchem Teilnehmer, der sich bei diesen weiten Entfernungen „verbrannt“ hatte, ging dann tatsächlich bereits zur Hälfte des Parcours die Munition aus…


Andreas ORIOL der LPD OÖ, mehrfacher Staatsmeister in der IPSC-Production-Klasse und schon seit Jahren ein ausgezeichneter Glock-Schütze, bewältigte diese Gratwanderung zwischen halbwegs schnell und flüssig, aber dennoch sehr präzise am besten und belegte im Endklassement im Bewerb „Herren Einzel“ schließlich den ausgezeichneten 3. Platz hinter 2 Chinesen.

Simon HEILIGENBRUNNER der EKO Cobra war zwar nicht immer der schnellste im Parcour, schoss dafür aber extrem präzise und sauber und belegte somit in der Gesamtwertung den hervorragenden 8. Platz. Reinhard HANDL der EKO Cobra Mitte, Vizeweltmeister in der IPSC-Standart-Division bei den Senioren drückte zwar einige Male sehr schnell ab so wie aus der IPSC gewohnt, hatte in Summe aber zu viele Randtreffer, dh Strafsekunden, wurde aber immer noch 10. im Einzel. Manfred WINKLER der EKO Cobra Linz fand ab und zu auch nicht den ganz richtigen Draht zwischen schnell, konzentriert und präzise, konnte sich als 12. aber auch noch ganz weit vorne im Spitzenfeld klassifizieren.

In der Teamwertung belegte das TEAM AUSTRIA – Andreas ORIOL und Manfred WINKLER – den undankbaren 4. Platz hinter China 1, Weißrussland und Tschechien.

Die österreichische Delegation hat sich somit hervorragend geschlagen; bei insgesamt 73 Nationen und 256 Starter/Innen alle 4 Schützen unter die ersten 12 zu bringen, ist eine ausgezeichnete Bilanz und macht mich stolz; ein 4. Platz in der Mannschaft tut immer etwas weh, aber bei etwa 40 Mannschaften sich unter den Top 4 zu klassifizieren ist ebenfalls eine mehr als besondere Leistung.
Der 3. Platz von Andi ORIOL im Einzel zählt ja fast wie eine Goldene, wurden doch alle Meistertitel an die Chinesen vergeben; wenn in einer Klasse 2 Chinesen am Start waren, so waren die ersten beiden Plätze schon vergeben und so wurde Andi von einigen Gratulanten als „The Real Champion“ bezeichnet. Ich möchte die Leistungen der chinesischen Delegation nicht schmälern, dass der Ablauf der Parcours aber offensichtlich im Vorfeld schon sehr ausgiebig trainiert worden sein dürfte, war augenscheinlich.

Andi konnte auch international ganz herausragende Schützen hinter sich lassen; so wurde der ungarische Polizeiweltmeister von 2016 und Top-IPSC-Schütze Gyorgi BATKY 5., der tschechische IPSC-Spitzenschütze und letztjährige Polizeiweltmeister Miroslav ZAPETAL 7. und der regierende Weltmeister in der IPSC Open-Division, Jorge BALLESTEROS aus Spanien, nur 16.
Was gab es sonst noch bei der WM in China ?
Die Eröffnungszeremonie der Weltmeisterschaft war gigantisch, bombastisch und so wie es der USIP-Präsident bezeichnet hatte, wohl nur mit der Eröffnung einer Olympiade vergleichbar; die Chinesen hatten eine Multi-Media-Show aufgeboten, wo zuerst die mehrere tausend Jahre alte Kultur der Chinesen dargeboten wurde und sich anschließend alle Abteilungen der Polizei mit hunderten Teilnehmern präsentierten; eine derartig gigantische Show hat wohl noch keiner von uns je gesehen. Die Chinesen hatten fast alles vom Hubschrauber bis zu den Drohnen aufgeboten.


Die Organisation, der Ablauf und das Rundherum waren perfekt; alles klappte wie am Schnürchen. Ganze Hundertschaften von Polizisten arbeiteten am Gelingen der Veranstaltung mit. Ein Toppen dieser Veranstaltung wird nicht möglich sein; die Latte für zukünftige USIP-Weltmeisterschaften wurde in schier unerreichbare Höhen gelegt.
Auch das Sightseeing-Programm in der 14-Millionen Stadt in Südchina kam nicht zu kurz und so sind wir am 20. November 2018 abends mit vielen Eindrücken und gesund wieder in Wien-Schwechat gelandet.

Zum Abschluss möchte ich mich auch beim Dienstgeber für die Entsendung und das Vertrauen, das in uns gesteckt wurde, bedanken. Die österreichische Delegation hat sich hervorragend präsentiert und wieder einmal gezeigt, dass das kleine Österreich im Schießsport eine „Weltmacht“ ist; wir freuen uns jetzt schon auf die nächste USIP Weltmeisterschaft in Milano/Italien und dürfen hoffentlich wieder die Fahnen Österreichs vertreten !
Im Anschluss noch einige Fotos:









