1. Pol-WM im Schießen mit der Dienstwaffe
Als im letzten Jahr eine Einladung der USIP – Union Sportive Internationale de Polices – ins Haus flatterte, wussten wir nicht so recht um welchen Bewerb es sich handle; nach ersten Recherchen entschlossen wir uns dann – sofern das BMI die Entsendung eines Teams genehmigt – mit einem Team (4 Schützen) an den Start zu gehen. Nachdem das BMI einer Teilnahme zustimmte, meldete ich dann in enger Absprache mit den Kadermitgliedern folgende Mannschaft zur Teilnahme an:
Reinhard HANDL des EKO Cobra Linz, Gottfried POST der LPD OÖ, Gerald REITER der LPD Burgenland, Jürgen STRANZ der LPD NÖ und Manfred WINKLER des EKO Cobra Linz als Trainer, Betreuer und Ersatzschütze.
Am 4. Mai 2015 war es soweit. Als Leiter der Delegation fuhr ich von Salzburg in Richtung Budapest und sammelte die Teammitglieder auf der Strecke auf; leider konnte Gottfried POST wegen einer Erkrankung nicht mitfahren, sodass Manfred WINKLER ins Wettkampfteam aufrückte.
Nach dem Einchecken im Hotel in Budapest erfolgte am Abend noch ein technisches Meeting für alle Teilnehmer; dabei wurde heftig und zum Teil sehr emotional über allgemeine Bestimmungen des Wettkampfes, insbesondere aber über das Equipment der einzelnen Schützen diskutiert.
Am nächsten Morgen fuhren wir zur „Shooting-Range“, einem Schießplatz an der Stadtgrenze von Budapest; die Dimension und Gegebenheit des Schießplatzes lässt jeden Österreicher vor Neid erblassen.
Um 09:00 Uhr des 5. Mai 2015 wurde die „1st Police Service Pistol Shooting Championship“ feierlich eröffnet; 78 Teilnehmer/Innen aus 16 Ländern nahmen an der Eröffnungszeremonie teil; 7 der 16 Teams waren aus Europa, nämlich Ungarn, Tschechien, Slowakei, Spanien, Bulgarien und Österreich. Auffallend war, dass sich einige Teams aus dem nahen und mittleren Osten beteiligten, nämlich Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Bahrain, Qatar , Libanon und Palästina.
Pünktlich um 10:00 Uhr begann der Bewerb; die Veranstalter hatten 12 Stages (Stationen) aufgebaut; die Teilnehmer wurden in Gruppen zu je 8 Schützen/Innen eingeteilt, dh 2 Teams je Station, da ja jede Nation nur 4 Schützen stellte. Das Team Österreich bildete mit dem Team Tschechien eine Gruppe.
Gemeinsam ging die „Squad“ (Gruppe) dann von einer Stage zur nächsten nach einem fixen vorgegebenen Plan. Das tschechische Team hinterließ vom ersten Wettkampf an einen sehr starken Eindruck und war daher für unser Team von Anfang an ein hervorragender „Gradmesser“. Einer der 4 Teammitglieder war Miroslav ZAPLETAL.
Die Ausrüstung der Schützen wurde penibel kontrolliert; am Einsatzgürtel mussten die Dienstwaffe, Reservemagazine, die Handschellen, die Taschenlampe, eine Tasche für das Funkgerät und der Schlagstock angebracht sein.
Bei den einzelnen Stages (Stationen) wurde versucht, möglichst „polizeitypische“ Situationen aus dem „Alltag“ nachzustellen.
Gleich bei der 1. Stage musste zuerst ein gezielter Schuss auf einen relativ weit entfernten Popper aus Stahl,
der von 2 sog. „No-Shoot-Scheiben“ („Freundscheiben“ ) teilweise verdeckt war, abgegeben werden, dann war die Waffe zu holstern und ein ca 70 kg schwerer „Dummy“ aus dem Gefahrenbereich zu bergen und in eine Sicherheitszone zu ziehen. Erst danach konnten weitere Ziele mit der Dienstwaffe bekämpft werden.
Eines zeigte sich gleich bei der ersten Stage; gefragt waren hier vor allem Präzisionsschützen und nicht unbedingt reine „IPSC-Schützen“; entscheidend waren nämlich äußerst präzise Schüsse in „Kernzonen“ und nicht so sehr die reine Schnelligkeit.
Durchwegs mussten nämlich Täterscheiben (männliche u. weibliche Figurenscheiben) beschossen werden, die alle eine sehr kleine „Kernzone“ entweder in der Körpermitte und/oder Teile des Kopfbereiches) aufwiesen; pro Täterscheibe mussten mindestens 2 Schuss auf der Scheibe sein, wobei es für Treffer außerhalb der Kernzone Zeitstrafen gab, dh ein Treffer knapp außerhalb der Kernzone brachte ein Strafzeit von + 10 Sekunden, ein weiter entfernter Treffer etwa im Bereich der Schulter oder Arme eine Strafzeit von + 20 Sekunden. Fehlte ein Schuss auf einer Scheibe brachte dies 30 Sekunden mehr ein, traf man gar eine „Freundscheibe“ (No-shoot-Scheibe) oder machte einen Ablauffehler so wurden 60 Sekunden je Fehler zur Schießzeit dazu addiert.
Wurden mehr als die Mindesterfordernis von 2 Schüssen auf eine Täterscheibe abgegeben und waren nicht alle Treffer in der sog. „0-Zone“ (Kernzone), so gab es für alle Treffer außerhalb der Kernzone auch „Zeitstrafen“.
Noch dazu waren die „0-Zonen“ sehr klein – Durchmesser zT unter 10 cm – und die Entfernungen bis zu 18 Meter; zusätzlich gab es auch noch bewegliche Ziele, wie etwa Pendelscheiben, fahrende Scheiben, die dann hinter einer Barrikade verschwinden oder sog. „Bärenfallen“ (eine Scheibe verschwindet und eine neue Scheibe kommt zum Vorschein).
Wie bereits erwähnt, wurde versucht, alle Ausrüstungsgegenstände, die am Einsatzgürtel angebracht sind, zum Einsatz zu bringen.
So gab es etwa einen Parcours, wo die Teilnehmer als Beifahrer aus dem Auto heraus 3 Stahlziele (Feindscheiben) beschießen und zu Fall bringen mussten, anschließend war die Waffe zu holstern, etwa 15 Meter zu laufen und einen Dummy (Täter) die Handschellen vorschriftsmäßig am Rücken anzulegen;
hier musste sich das Team Österreich Handschellen von den Tschechen ausleihen, da die Handgelenke des Dummys derart massiv waren, dass unsere Handschellen offensichtlich zu klein waren. Erst nach dem Anlegen der Handschellen konnten weitere Ziele bekämpft werden. Unter anderem auch der sog. „Texasstern“, den man bei 2 Stages eingebaut hatte.
Auch der Schlagstock kam zum Einsatz; bei einer Stage mussten zuerst 3 „Täter“ mit dem Schlagstock außer Gefecht gesetzt (dh umgestoßen) und erst dann durfte die Pistole gezogen werden.
Ebenso gab es eine Stage, wo die Schützen in einen völlig dunklen Raum geführt wurden und nur die Taschenlampe als Hilfsmittel in der Hand verwenden durften (nicht an der Pistole montiert), erschwerend war auch noch ein Blaulicht aktiviert.
Auch mit dem Einsatz von Fahrzeugen hatte man beim Stageaufbau nicht gespart; so musste bei einem Parcours zwischen mehreren Fahrzeugen knapp vorbei geschossen werden.
Gottseidank blieben die Autos von Einschüssen verschont, da die Waffenhandhabung so mancher Teilnehmer/Innen nicht immer dem hohen Level, den wir von IPSC-Veranstaltungen gewohnt sind, entsprach.
In Summe durchaus typische Polizeisituationen, die aber durch das Regelwerk – im Verhältnis sicherlich zu hohe Zeitstrafen – ein äußerst präzises Schießen verlangten und die IPSC-Schützen benachteiligten oder anders gesagt, für IPSC-Schützen sehr ungewohnt waren.
So mancher Schütze, der den Parcours in schneller Zeit absolvierte, haderte mit dem Regelwerk; auch gab es keinen „Walk-through“ (vorherige Besichtigung bzw. Betretung des Parcours), sondern der Ablauf wurde vor dem Parcours erklärt;
die genaue Standposition für die einzelnen Ziele musste der Schütze dann erst während des Wettkampfes herausfinden.
Der 1. Wettkampftag zog sich in die Länge; erst als auf allen Ständen abgeschossen worden war, erfolgte der gemeinsame Wechsel zu nächsten Stage; einige Teilnehmer/Innen „kosteten“ den Wettkampf voll aus und so zog sich der 1. Tag bis 19:00 Uhr hin;
wenigsten gab es mittags eine generelle Schießunterbrechung und wir stärkten uns bei Gulasch, Gegrilltem und Süßem.
Am 2. Tag war der Zeitplan sehr gestrafft;
zu Mittag gab es ein Lunchpaket direkt am Stand und der Bewerb wurde zügig durchgezogen, um rechtzeitig für die Siegerehrung fertig zu sein.
Am 6. Mai 2015 um 19.00 Uhr fand dann im Polizeiausbildungszentrum in Budapest im Freien die Siegerehrung statt; leider zog just zu diesem Zeitpunkt eine Gewitterfront über Budapest, nachdem wir an den beiden Schießtagen von herrlichem, sehr warmen Wetter verwöhnt worden waren.
Im Einzel war Manfred WINKLER der EKO Cobra als 5. unser bester Schütze,
Reinhard HANDL belegte den 12. Platz; Gerald REITER wurde 37. und Jürgen STRANZ 43.
Gewonnen hat im Einzel der Lokalmatador György BATKI
aus Ungarn, einer der weltbesten Standardschützen der IPSC (noch am Wochenende vor der Polizeiweltmeisterschaft hat GrInsp Jürgen STRANZ bei einem großen, internationalen Wettkampf in der Slowakei knapp vor György BATKI gewonnen). BATKI konnte sich also innerhalb von 2 Tagen hervorragend von seiner STI auf die Dienstwaffe der ung. Polizei umstellen. Zweiter im Einzelbewerb wurde der Tscheche Radim MADERANEK vor dem Slowaken Marian FEDOR und auf Platz 4 einer der weltbesten Production-Schützen, der Tscheche Miroslav ZAPLETAL und auf Platz 5 Manfred WINKLER.
In der Mannschaft belegte das österreichische Team den 6. Platz; gewonnen hat die tschechische Mannschaft, gefolgt von den Ungarn und den Slowaken. Platz 4 ging an die Mannschaft der Vereinigten Arabischen Emirate vor der Mannschaft aus China.
Insgesamt waren 16 Teams am Start.
Beim anschließenden Banquet fand die Weltmeisterschaft einen würdigen Abschluss und gemeinsam mit dem tschechischen und slowakischen Team und dem Weltmeister im Einzel stießen wir auf so manchen Anlass an.
Rückblickend bin ich der Ansicht, dass der Modus der Auswertung sehr präzise Schützen bevorzugte; die Schnelligkeit war nicht ausschlaggebend;
im Verhältnis zur Länge der Parcours waren die Zeitstreifen sicherlich viel zu hoch. TOP-IPSC-Schützen hatten so ihre Probleme, wenngleich der ungarische Sieger György BATKI bewies, dass eine Umstellung in kürzester Zeit möglich ist.
Bedanken möchte ich mich bei der Hungarian Police Sport Association, die die Polizei-Weltmeisterschaften bestens organisiert und durchgeführt hat und sichtlich bemüht war, den Teilnehmern den Aufenthalt in Ungarn so angenehm wie möglich zu gestalten.

Reinhard HANDL, Manfred WINKLER, Gerald REITER und Delegationsleiter und Fachreferent Paul PIRCHNER auf dem Weg zur Siegerehrung
Der Delegationsleiter und Fachreferent des ÖPolSV: Paul Pirchner